Krebsvorsorge in Spanien und Portugal

Wie wird die Krebsvorsorge in anderen Ländern organisiert? Wir reisen in diesem Blogbeitrag nach Portugal und Spanien. Bereits in unserem Beitrag „Cervical Cancer Prevention Atlas: Deutschland nur auf Platz 12“ berichteten wir über die Gebärmutterhalskrebsvorsorge in Deutschland und wie diese im europaweiten Vergleich abschneidet. Im Ranking des European Parliamentary Forum for Sexual & Reproductive Rights (EFP) wurden die Vorsorgemaßnahmen in 46 europäischen Ländern verglichen.

Portugal: Platz 17

In Portugal besteht bei rund fünf Millionen Frauen ab 15 Jahren das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Dies entspricht knapp der Hälfte der Bevölkerung. Jährlich sind rund 750 Frauen (also 0,02 Prozent aller Frauen in Portugal) von der Diagnose betroffen, etwa halb so viele Personen sterben an der Krankheit.[1] Gebärmutterhalskrebs ist in Portugal die dritthäufigste Krebserkrankung bei Frauen zwischen 15 und 44 Jahren. Schätzungsweise 5,6 Prozent der Frauen in der portugiesischen Allgemeinbevölkerung weisen zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrem Leben eine zervikale HPV-Infektion auf, welche auf Gebärmutterhalskrebs hinweisen kann.

Die gute Nachricht: Das 2008 eingeführte Impfprogramm ist erfolgreicher als in Deutschland (Quote bei über 80 Prozent). Doch gibt es in Bezug auf das Screening noch deutliche Defizite. Die jährliche Rate der Pap-Abstriche unter den 25- bis 64-jährigen Frauen liegt gerade einmal bei 54,8 Prozent. Zudem wird die HPV-Problematik vor allem in ländlichen Regionen kaum ernst genommen. So müssen Frauen mit einem positiven HPV‑Befund oftmals mehrere Monate auf eine gynäkologische Nachuntersuchung warten.

Spanien: Platz 25

In Spanien wird jährlich bei fast 2.000 Frauen Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert – 825 Erkrankungsfälle enden leider tödlich[2]. Gebärmutterhalskrebs rangiert auf Platz 15 der häufigsten Krebsarten bei Frauen in Spanien und ist die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen zwischen 15 und 44 Jahren. Schätzungen zufolge haben 2,7 Prozent aller spanischen Frauen zu einem bestimmten Zeitpunkt eine zervikale HPV‑Infektion mit den zwei Viren, die am häufigsten Krebs auslösen.

Ähnlich wie in Portugal ist die HPV-Impfquote in Spanien im Vergleich zu Deutschland höher (über 70 Prozent). Jedoch bekommt auch Spanien in Bezug auf das Screening-Programm deutliche Abzüge: Nur 60,3 Prozent der Frauen zwischen 15 und 44 Jahren machen alle drei Jahre einen Pap-Abstrich. Im Jahr 2018 hat das spanische Gesundheitsministerium angeordnet, dass bei Frauen alle fünf Jahre ein HPV-Test durchgeführt werden soll. Bisher setzen jedoch nur sehr wenige Regionen dieses Screening-Programm um[3].

Aufmerksamkeit für Frauengesundheit muss in ganz Europa geschaffen werden

Gebärmutterhalskrebs ist die neunthäufigste Krebserkrankung bei den Frauen in Europa. Jährlich sterben europaweit fast 26.000 Frauen daran. Davon werden 3.500 Fälle in Südeuropa gemeldet[4]. Diese Zahl ist im Vergleich zu Osteuropa (über 16.000) weniger gravierend. Dennoch können und sollten diese hohen Todeszahlen in ganz Europa mit mehr Aufklärungsarbeit, Vorsorgemaßnahmen und effizienten Impfkampagnen gesenkt werden.

In Spanien und Portugal wird unser Früherkennungstest GynTect® bereits vertrieben. Unsere internationalen Partner führen hierzu aktuell mehrere Studien durch.

Titelbild: ©TomTom/ Pixabay

 

[1] https://hpvcentre.net/statistics/reports/PRT_FS.pdf?t=1627551367706

[2] https://hpvcentre.net/statistics/reports/ESP_FS.pdf?t=1627551379599

[3] https://www.hpvworld.com/articles/fact-sheet-spain-www-hpvcentre-net-human-papillomavirus-and-related/

[4] https://hpvcentre.net/statistics/reports/XEX.pdf?t=1627551865306

Als Biotechnologie-Unternehmen forschen wir seit 2012 auf molekularbiologischer Basis an der Diagnostik von Krebserkrankungen. Wir beschäftigen uns mit epigenetischen Markern, mit deren Hilfe wir Krebserkrankungen wie zum Beispiel Gebärmutterhalskrebs bereits in ihren Vorstufen erkennen können. Was sich hinter den Begriffen der „Epigenetik“ und „Epigenetischer Marker“ verbirgt, erklärt der folgende Beitrag.

Epigenetik – Was ist das?

Die Epigenetik beschäftigt sich mit der vererbbaren, genetischen Modifikation der DNA. Diese passiert, ohne dass sich die DNA in ihrer Sequenz ändert. Der Begriff setzt sich aus zwei Teilen zusammen: „epi“ ist griechisch für „dazu“ oder „darüber“ und „Genetik“. Das Fachgebiet beschäftigt sich entsprechend mit der Ebene oberhalb der Genetik. Für unsere Arbeit bedeutet dies, dass wir uns nicht der DNA-Sequenz widmen, die für die Kodierung der Gene entscheidend ist. Vielmehr legen wir unser Augenmerk auf die chemische Veränderung der DNA.

Um zu verstehen, was sich dahinter konkret verbirgt, ist eines wichtig zu wissen: Jeder Mensch besitzt ein Genom, aber viele Epigenome – je nach Zelltyp. Die Epigenome wiederum werden durch die Umwelt, Lebensumstände oder auch Ernährungsgewohnheiten beeinflusst und verändert. Wie Schalter einer Zelle bestimmen sie, welche Gene bzw. Genabschnitte verwendet und welche abgeschaltet werden. So lässt sich beispielsweise erklären, warum eineiige Zwillinge in Nuancen unterschiedlich aussehen. Oder warum nur ein Geschwisterkind eine Krankheit bekommt, obwohl beide genetisch identisch sind. Auf molekularbiologischer Ebene sind dafür sogenannte epigenetische Marker verantwortlich.

Epigenetische Marker zeigen, wann Zellen an- und ausgeknipst werden

Bleiben wir beim Bild des Epigenoms als Schalter, der Teile eines Genoms stumm schaltet. Die epigenetischen Marker sind dann die Markierungen, die den genauen Abschnitt bestimmen. Dies geschieht unter anderem in Form von Methylierungen. Dabei docken kleine Moleküle, sogenannte Methylgruppen, an einen DNA-Strang an. Sie verhindern, dass eine benachbarte Gensequenz abgelesen und in ein Protein übersetzt wird. Der Genabschnitt bleibt stumm.

Epigenetik und Krebs

Bestimmte Ausprägungen der oben beschriebenen epigenetischen Veränderungen können die Funktion von Zellen so umprogrammieren, dass sie sich zu Tumorzellen entwickeln. Auf diese Weise entsteht beispielsweise Gebärmutterhalskrebs.

Hier setzt unsere Forschungsarbeit an. Wir identifizieren epigenetische Marker, die bei Krebserkrankungen auftreten, speziell DNA Methylierungen. Unsere Tests sollen diese Marker möglichst früh nachweisen können. Denn für jede Krebstherapie gilt: Je eher sie ansetzt, desto höher sind die Heilungschancen. Unser erster Diagnostiktest GynTect® basiert auf sechs dieser DNA-Methylierungsmarker. Er wird bereits erfolgreich in der Gebärmutterhalskrebsvorsorge eingesetzt.

Ein Großteil der Frauen, die in einkommensstarken Ländern wie Deutschland an Gebärmutterhalskrebs erkranken, ist nicht regelmäßig zur Vorsorge gegangen. Das ist besonders alarmierend, da Krebsvorsorgeuntersuchungen seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich seltener wahrgenommen werden. Eine Studie der Medizinischen Hochschule Hannover und dem Biotechnologieunternehmen oncgnostics GmbH prüft Selbsttests als mögliche Lösung, um mehr Personen zu erreichen. Denn auch für Gebärmutterhalskrebs gilt, dass bei früher Erkennung die besten Heilungschancen bestehen. Die Studienergebnisse verdeutlichen, dass spezifische Vorsorgeuntersuchungen zukünftig von Zuhause aus durchführbar sein können.

Ablauf der Pilotstudie

Für die Studie nahmen 87 Patientinnen der Hannoveraner Kolposkopie-Klinik jeweils einen Abstrich bei sich selbst. Eine gynäkologische Fachkraft nahm anschließend einen weiteren Abstrich. Im ersten Schritt wurden die Proben auf vorliegende HPV-Infektionen getestet. Der Gebärmutterhalskrebstest GynTect von oncgnostics kam im zweiten Schritt bei allen Proben zum Einsatz. Dieser klärt ab, ob die vorliegende HPV-Infektion von allein ausheilt oder sich zu Krebs weiterentwickeln kann. Dafür ist kein weiterer Abstrich notwendig. Der Test wird mit der vorliegenden Probe im Labor durchgeführt.

Bei 95,5 Prozent der Selbstabstriche stimmte das Ergebnis der HPV-Tests mit denen der Proben überein, die von den Ärztinnen und Ärzten entnommen wurden. Das wird als gutes Zeichen dafür gewertet, dass Frauen für diesen Test zukünftig selbst die Proben nehmen könnten. Für den GynTect-Test war die Übereinstimmung zwischen den Selbsttests und den ärztlichen Proben niedriger.

Nachweise mit eigenständig entnommenen Proben können funktionieren

„GynTect funktioniert über spezifische Biomarker. Er untersucht die DNA der Zellen eines Abstrichs und schlägt Alarm, wenn krebstypische Veränderungen vorliegen. Die Studie legt nahe, dass Krebsvorstufen sowie -erkrankungen auch mit eigenständig genommenen Proben gut nachgewiesen werden können. Natürlich muss die Methode weiter optimiert werden, um die Trefferquote zu erhöhen. Zurzeit arbeiten wir außerdem daran, die Marker in Urinproben nachweisen zu können. Dabei erhalten wir vielversprechende erste Ergebnisse. Zudem sind Urinproben für die Patientin deutlich einfacher zu nehmen als Abstriche“, erklärt Martina Schmitz, Geschäftsführerin der oncgnostics GmbH und Co-Autorin der Studie.

Großangelegte Studie „HaSCo“ folgt

Für die weitere Forschung und Entwicklung zu den Selbsttests kooperiert das Biotechnologieunternehmen aus Jena weiter mit der Medizinischen Hochschule Hannover. Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse der Pilotstudie wird GynTect in der folgenden, großangelegten Studie „HaSCo“ als Abklärungstest bei HPV positiven Selbsttest eingesetzt1. Die Studie wird noch in diesem Jahr starten und über 20.000 Probanden einschließen. Zudem kooperiert die oncgnostics GmbH mit zwei Forschungseinrichtungen in den Niederlanden und Belgien.

Fast jeder Erwachsene infiziert sich irgendwann im Leben mit HPV, ohne es zu merken. Schätzungen zufolge sind in Deutschland jährlich sechs Millionen Frauen mit HPV infiziert. Jedes Jahr werden bei mehreren Hunderttausend von ihnen Auffälligkeiten diagnostiziert. Bei etwa 4.300 Personen entwickelt sich eine Krebserkrankung, an der wiederum etwa 1.600 Betroffene sterben2.

 

Quellen

[1] Medizinische Hochschule Hannover (2021): Klinische Studien. Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Online unter: www.mhh.de/fileadmin/mhh/frauenheilkunde-geburtshilfe/downloads/Broschueren_Flyer/Klinische_Studien.pdf

[2] Robert Koch-Institut (2017): Zentrum für Krebsregisterdaten. Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom). Online unter: www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Gebaermutterhalskrebs/gebaermutterhalskrebs_node.html

 

Titelbild: MIA Studio / Shutterstock.com

Pressemitteilung
Pilotstudie der oncgnostics GmbH und Medizinische Hochschule Hannover:
Krebsvorsorge von Zuhause ist möglich