Studie zeigt: Frauen vernachlässigen Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung

Jena, 6. Dezember 2023. Das Jenaer Unternehmen Oncgnostics GmbH stellte zusammen mit der Medizinischen Hochschule Hannover im Rahmen einer dreijährigen Studie fest, dass Frauen trotz kostenfreier Selbsttests von zuhause die Gebärmutterhalskrebsvorsorge zunehmend vernachlässigen. In der zweistufigen Studie erhielten die Frauen einen HPV-Selbsttest zugesandt, der nach Anwendung an die Hochschule zur Untersuchung gesendet wurde. Die HPV-positiven Testergebnisse untersuchte Oncgnostics im zweiten Schritt auf eine Gebärmutterhalskrebserkrankung. 20.000 Frauen erhielten den Selbsttest, aber weniger als jede fünfte Frau nutzte diese Möglichkeit.

Die Studie

In dem Studienprojekt erhielten 20.000 Frauen von Juni 2021 bis Juni 2023 von der Medizinischen Hochschule Hannover die Möglichkeit auf einen kostenlosen HPV-Selbsttest. Die Patientinnen konnten wählen zwischen einer Urin-Probe oder einem Abstrich, welche sie dann an die Hochschule per Post sendeten. Oncgnostics war die Kooperations-Partnerin, die dann die 133 Proben von der Hochschule erhielt, welche HPV positiv waren, um diese mit “GynTect” zu analysieren, ob dort eine unerkannte Krebserkrankung vorliegt. Tatsächlich identifizierte das Labor von Oncgnostics mit dem eigenen entwickelten Testverfahren  11 Frauen, die positiv waren. Neben dem Ziel herauszufinden, wie hoch die Quote der unerkannten Gebärmutterhalserkrankungen ist, lag den Wissenschaftlern ein weiter Aspekt im Fokus: Kann ein kostenloser Selbsttest von zuhause ohne die Notwendigkeit eines Praxisbesuchs die Bereitschaft zu einer Gebärmutterhalskrebsvorsorge erhöhen?

Die Überraschung

Dr. Martina Schmitz, Geschäftsführerin und wissenschaftliche Leiterin bei Oncgnostics: „Wir waren fassungslos. Nicht einmal 20 Prozent der Frauen nutzten diese einfache, moderne Möglichkeit der Vorsorgeuntersuchung.“ Schmitz vermutet zwar, dass viele Frauen einem Selbsttest mit Abstrich per Versand nicht die seriöse Qualität zuschreiben, wie bei einer Facharztpraxis vor Ort. Dabei, so Schmitz, sei es oft das gleiche Labor und exakt das gleiche Diagnoseverfahren, und wundert sich: „Menschen bestellen ihre Medikamente von zuhause in Onlineapotheken. Warum nutzen Frauen keinen Vorsorge-Selbsttest per Post bequem von zuhause?“ Sie sieht aber noch einen weiteren Aspekt: „Die einfachste Vorsorge ist die, die ohne Aufwand in den Tagesablauf integriert werden kann. Ein Abstrich zuhause durchzuführen, der das Leben retten kann, und per Post versendet werden kann, ist aktuell die einfachste Möglichkeit der Früherkennung. Anscheinend wird die Gefahr von Gebärmutterhalskrebs unterschätzt. Dabei kann eine Vorsorgeuntersuchung Leben retten!“

Warum diese Studie?

Um eine repräsentative Aussage treffen zu können, wurde per Zufallsstichprobe aus der Region Hannover Frauen im Alter von 30 bis 65 Jahren ein HPV-Selbsttest zur Verfügung gestellt. Die wissenschaftliche Frage war: Kann die Quote der teilnehmenden Frauen für eine Gebärmutterhalskrebsvorsorge erhöht werden, wenn der typische Gang zur Arztpraxis wegfällt? Diese Frage basiert auch auf der Beobachtung, dass durch die Corona-Pandemie die Zahl der Krebsvorsorgeuntersuchungen rückläufig war, und die Zahl der nun diagnostizierten Krebserkrankungen steigt. Schmitz: „Durch Corona stiegen die Essenlieferungen nach Hause, es gibt mehr Homeoffice, der Onlineeinkauf nimmt zu. Also wäre doch eine Krebsvorsoge von zuhause der logische Schritt. Jetzt sehen wir die Befürchtung bestätigt, dass die Notwendigkeit einer Krebsvorsorge nicht allen klar ist. Noch einfacher als in dieser Studie ist eine Vorsorgeuntersuchung nicht möglich. Und dennoch nutzen sehr viele Frauen diese Chance nicht.“

HPV = HPV steht für “Humanes Papillomavirus”. Bei Menschen sind HPV-Infektionen mit mehr als 200 verschiedene Arten weit verbreitet. HPV ist hauptverantwortlich für Gebärmutterhalskrebs.

Gebärmutterhalskrebs: Die Erkrankungshäufigkeit liegt bei etwa 5.000 Frauen in Deutschland pro Jahr, etwa 1500 Frauen sterben jährlich daran. Gebärmutterhalskrebs ist zudem in Deutschland die dritthäufigste Krebserkrankungen bei Frauen unter 60 Jahren.

Das aus dem Universitätsklinikum Jena heraus gegründete Biotech-Start-up Oncgnostics GmbH bietet mit GynTect eine Neuheit im Bereich der Krebsdiagnostik an. Der seit 2015 marktfähige Gebärmutterhalskrebsnachweis GynTect stellt über einen Abstrich Erbgutveränderungen in den untersuchten Zellen fest. Für betroffene Patientinnen bietet der Test ohne Risiken schnell und zuverlässig Gewissheit. Derzeit entwickelt das Start-up weitere Tests für Krebsarten im Kopf-Hals-Bereich. Das Kollegium aus Forscherinnen um die Gründer Dr. Alfred Hansel (CEO) und Dr. Martina Schmitz (CSO) gewann für seinen Diagnoseansatz unter Anderem zweimal den Innovationspreis Thüringen (2014, 2017).

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